Stellungnahme zum Änderungsantrag 06502 - Teil 4 (Artikel 3):
Kritik am erneuten Änderungsantrag der Regierungsfraktionen zur Novellierung des HVSG
Art. 3 (Teil 2)
Im § 15b HSOG (Telekommunikationsüberwachung an informationstechnischen Systemen) wird ebenfalls die Rechtsgrundlage aus § 15a Abs. 1 übernommen, die Möglichkeiten also ausgebaut. Es ist löblich, um nicht zu sagen selbstverständlich, dass nun auch die kopierten Daten zu schützen sind. Die Protokollierung wird nun vereinheitlicht in § 28 geregelt.
Und nun zum § 15c, der Hessentrojaner.
Zulässig ist der Einsatz nicht nur nach den §§ 6 (“Verursacht eine Person eine Gefahr, …”) und 7 (“Geht von einem Tier oder eine Sache eine Gefahr aus,…”) HSOG, sondern auch gegen Personen aus dem umgeschriebenen § 15a Abs. 1, hier aber die Absätze 2 (Annahme, dass … zumindest ihrer Art nach konkretisierter Weise eine Straftat mit erheblicher Bedeutung begehen werden) und 3 (deren individuelles Verhalten die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet …, eine terroristische Straftat begehen werden). Aber auch bei anderen Personen darf in das System eingebrochen werden, wenn die Annahme besteht, dass eine der oben genannten Personen dort Informationen abgespeichert haben könnte. Dabei ist die unmittelbare Betroffenheit von Dritten kein Hinderungsgrund. Bei den Sicherungsmaßnahmen kommt erneut der § 15b zum tragen, in dem die Formulierung “nach Möglichkeit” in all ihren Fassetten recht häufig ist.
Ist im Übrigen allein(!) der Kernbereich der privater Lebensgestaltung betroffen, ist die Maßnahme unzulässig, bestehen daran Zweifel, darf nur noch automatisiert aufgezeichnet werden - ähmm, na dann.
Interessant ist ebenfalls, wann der Richtervorbehalt zum Tragen kommt. Hier habe ich den Eindruck, dass man sich auf § 15 Abs. 5 HSOG-alt bezieht, denn dieser besteht tatsächlich lediglich aus insgesamt 12 Sätzen, die in diesem Zusammenhang auch zumindest anwendbar scheinen. Jedoch hat die Koalition den entsprechenden Text ebenfalls im gleichen Antrag geändert. Jetzt besteht er aus 10 Sätzen. Ausgeklammert ist demnach, dass eine Maßnahme in Wohnungen (§ 15 (4) HSOG) nur gestattet ist, wenn sie nicht in den Kernbereich privater Lebensgestaltung eindringen wird. Nun, bei genauer Betrachtung, war das eventuell doch Absicht.
Kleines Schmankerl am Rande:
Früher ™ hatte bei Gefahr im Verzug die richterliche Genehmigung bis zum Ende des darauf folgenden Tages vorzuliegen. Mit der Gesetzesänderung werden daraus gemütliche drei Tage. Auch eine Methode, auf die mutmaßliche Überforderung der Gerichte zu reagieren.
Im Übrigen beantrage ich, dass Gesetzestexte nur noch in html ausgegeben werden, denn insbesonder Absatz 3 besteht nahezu vollständig aus Referenzierungen und ist kaum nachvollziehbar.
An der grundsätzliche Kritik ändert sich natürlich nichts. Der Einsatz des Hessentrojaners führt nicht nur für die direkt und indirekt Betroffenen zu einer unübersehbaren Gefährdung der IT-Systeme, sondern für alle, da Sicherheitslücken nicht geschlossen werden und damit ausgenutzt werden können von jedem, der sie entdeckt oder sie ankauft.
Im § 16 wird der Einsatz von V-Personen und verdeckte ermittelnden Personen ausgeweitet. Es reicht, vereinfacht gesagt, die (nun erweiterte) Auskunftspflicht. Immerhin wird ein Passus hinzugefügt, der zumindest im Ansatz einen Schutz des Kernbereichs privater Lebensführung tangiert.
§ 20 erweitert dann noch einmal die Möglichkeiten der Speicherung, indem nicht nur eine Gefahr vorliegen muss, sondern eine Gefahrenlage bereits als ausreichend angesehen wird. An dieser Stelle wundert es mich schon fast, dass nicht von abstrakter Gefahrenlage gesprochen wird. Die Gefahrenlage reicht übrigens nicht bei Maßnahmen in der Wohnung, wohl aber für den Hessentrojaner. Ich kenne genug Menschen, die die Priorität anders herum gesehen hätte.
Hier wird dann auch der Übergang geschaffen, in Form einer Weiterverarbeitung, sprich Zweckentfremdung, in…
§ 25a automatisierten Anwendungen zur Datenanalyse
Als erstes fällt auf, dass die Zulässigkeit wieder bei “Sachen von bedeutendem Wert, dessen Erhalt im öffentlichen Interesse geboten ist” zulässig sein soll. An anderen Stellen war dieser Passus deutlich eingeschränkt worden. Ansonsten geht er weiterhin um Beziehungsstrukturen zwischen Personen, Gruppen, Organisationen, etc. Der Passus ist bekannt und daher auch die Kritik unverändert.
Im gleichen Maße wie im § 25a werden auch die “Besonderen Formen des Datenabgleichs” um den eben genannten Passus erweitert. Die Zustimmung des Landespolizeipräsidiums wurde ersetzt durch einen Richtervorbehalt.
In § 30a wird ein weiteres Machtinstrumentarium eingeführt: Die Meldeauflagen. Auch die ist schon aus dem zurückgezogenen Änderungsvorschlag bekannt und ebenso meine KKritik daran.
Der Platzverweis wird erweitert um die Möglichkeiten des Aufenthaltsverbot und des Kontaktverbots.
Die Regelungen zur elektronische Fußfessel werden noch einmal angefasst. Da ich das Werkzeug als generell für den hier eingeführten Zweck als sinnlos erachte, erspare ich mir die Änderungen vorzustellen.
Findet ein Freiheitsentzug im Zusammenhang mit der Fußfessel oder um die unmittelbar bevorstehende Begehung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit mit erheblicher Bedeutung zu verhindern, darf dieser nun 10 statt wie vorher 6 Tage maximal betragen.
Der § 36 wird dahingehend geändert, dass un auch bei Gefahr für Leib und Leben die Durchsuchung, wenn sie mit Entkleidung verbunden ist, nur von Personen des gleichen Geschlechts oder von Ärztinnen oder Ärzten vorgenommen werden darf. Ich sehe schon die Stellenbeschreibung auf einen Durchsuchungsmenschen des 3. Geschlechts. Aber vielleicht ist dieser Umstand in der Hessischen Landesregierung noch nicht angekommen.
Mit § 43b werden die schon bekannten Strafvorschriften im Zusammenhang mit der Fußfessel eingeführt, um aus einem “Gefährder” doch noch einen Straftäter zu machen.
Der § 71a ging ja bereits durch die Presse: Der Hundeführerschein
Die §§ 82 und 83 werden erweitert um die Aufgaben zur Verfolgung und Ahndung von Ordnungeswidrigkeiten ergänzt. Den Hintergrund kann ich an dieser Stelle noch nicht nachvollziehen. Gemäß der Begründung handelt es sich “lediglich” um eine Klarstellung, aber ich bleibe skeptisch.
Die Änderungen in den §§ 99 und 102 spare ich mir und komme damit zum Ende.